Ritterturnier

Ritterturniere im Mittelalter

von Björn Böhling

3.3.2. Der Buhurt

Der Buhurt gehörte zu den frühen Formen des Turniers, die aus vorritterlicher Reiterspielen hervorgingen, und hatte ursprünglich wohl einen manöverartigen Charakter. Laut Niedermann nimmt man an, dass diese Kavallerieübungen bereits im 9. und 10. Jahrhundert auf Befehl des Kaisers abgehalten worden seien. In Deutschland sei der Beginn der Buhurt-Formen des Turniers im frühen 12. Jahrhundert einzusetzen.[65] Während Meyer und Lessing zu dem Schluss kommen, Reiter und Ross hätten hier ihre Geschicklichkeit beweisen können, ohne dass es zum Einsatz von Waffen gekommen sei und es auch keine Gewinner oder Verlierer gegeben habe, kommt Niedermann zu einer anderen Schilderung des Buhurts.[66] Er ist zwar auch der Meinung, der Buhurt sei eine verhältnismäßig ungefährliche Form des Kampfspiels gewesen, aber es sei eindeutig mit Lanze, Schwert oder Kampfkolben – auch wenn diese Waffen stumpf waren – gekämpft worden. Es habe zwar eine große Zahl von Teilnehmern gegeben, doch gekämpft hätten jeweils immer nur zwei Ritter zu Pferd oder zu Fuß unmittelbar gegeneinander. Niedermann will diesem Kampf einen starken Schaucharakter nicht absprechen. Das Scheingefecht sei, zur Verhinderung der Kampfunfähigkeit der Ritter, stark von ritterlichen Regeln, vereinbarten Verhaltensweisen und praktizierten Normen geprägt gewesen. Ehre und Tugend zeigten sich hier. Schultz schließt sich an: „Der Buhurt ist ein Reiterschauspiel ... die Waffen mussten gänzlich ungefährlich sein ... Es ist mehr ein Paradestück, welches die Ritter zu Ehren einer Dame oder einer hochstehenden Person aufführen.“[67]

Niedermanns Schlussfolgerungen, die von anderen Autoren gestützt werden, sind plausibel. Ein reiner Schaukampf ohne die Chance des Demonstrierens oder Gewinnens ritterlicher Tugenden, Ehre und Fähigkeiten hätte jedoch wohl kaum genügend Anreiz geboten. Außerdem wäre der Übungscharakter stark vernachlässigt worden. So müsste die Beschreibung des Buhurts wohl doch einen etwas ernsteren Charakter zeigen.

Endrei spricht beim Buhurt später von einem Mannschaftskampf, der dem Turnier vorausging.[68] An dieser Stelle entsteht Unsicherheit, da andere Autoren auch bei Mannschaftskämpfen von Turnier sprechen und den Einzelkampf als Tjost bezeichnen. Es ist nicht eindeutig, aber hier wird vermutet, das mit dem Begriff Buhurt nur ein Vorspiel zwischen zwei Mannschaften gemeint ist, während es beim Turnier ebenfalls, aber nun um den „richtigen“ Kampf zwischen zwei Mannschaften ging. Es könnte also davon ausgegangen werden, dass ein Ritterturnier aus folgenden Waffengängen bestand: 1. Buhurt, 2. Tjost, 3. (eigentliches) Turnier. Da aber, wie im folgenden beschrieben, die Tjost einen stärkeren Stellenwert gewann, kann auch davon ausgegangen werden, dass die Reihenfolge bei einem Turnier wohl 1. Buhurt/Tjost, 2. Turnier war. [69]

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[65] Vgl. Niedermann 1980, S. 76.

[66] Vgl. Meyer, Lessing 1976, S. 141 und Niedermann 1980, S. 76f. Gamber ist auch der Meinung, der Buhurt sei „Die Vorführung der Geschicklichkeit in Reiten und Waffenführung nach Art der orientalischen ‚Fantasia’“. (Gamber 1985, S. 514.)

[67] Schultz 1965, S. 113.

[68] Vgl. Endrei 1988, S. 168.

[69] Dass Gamber sein Kapitel zum Turnier „Das eigentliche Turnier (Turney)“ nennt, bestätigt m.E. die Vermutung über die Abfolge, dass mit Turnier ein Programmpunkt innerhalb der Turnierveranstaltung gemeint ist. Auch deswegen wurde hier das Kapitel 3.3.1. mit diesem Titel versehen.
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